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Die Bibliothek

Die Bibliothek

Die Bibliothek

Es war sehr still in der Bibliothek. Meine neuen Sneaker machten ein seltsames Geräusch, als ich über den Holzfußboden ging. Alles fühlte sich so surreal an. Ich fühlte mich unwohl in dieser neuen Umgebung. Ein Kumpel hatte mir diese Lederschuhe und einen neuen Anzug besorgt extra für dieses Gespräch. Ich hatte schon lange auf diesen einen Tag hingearbeitet. Harvard war meine Traumuniversität und jetzt bereitete ich mich für mein zweites Gespräch in der Harvard Bibliothek vor. Es fühlte sich an wie ein Fiebertraum, oder war ich einfach nur so nervös, dass ich schwitzte?

»Reed Davids?« Ich hörte meinen Namen und schaute umher. Hinter mir stand eine Junge-Frau. Sie hatte einen schwarzen Rock und eine weiße Bluse an. Sie schaute mir direkt in die Augen. »Kennen wir uns?«, fragte ich. Ich war mir sicher, dass wir uns nie getroffen hatten. »Nein, noch nicht. Ich bin Gemma. Ich studiere hier und bin dir als Hilfe zugeteilt. Bist du nervös? Ich war es auf jeden Fall bei meinen Gesprächen …« Sie redete immer weiter, sodass ich nie zu Wort kam. Ich beobachtete wie immer, wenn sie lachte sich ein kleines Grübchen auf ihrer Wange bildete. Sie starrte mich erwartungsvoll an. Hatte sie mir eine Frage gestellt? »Hey, alles gut?«, »Wie bitte? Sorry …«, sagte ich verlegen und spürte wie ich rot wurde. »Ich hab gefragt, wo du herkommst?«, sagte sie mit ruhiger stimme. »Salem. Und woher kommst du?« Je schneller ich von mir ablenken konnte, desto weniger fragen würde sie über meine Familie stellen. Sie redete unendlich lang weiter. Es war ein hin und her von Geschichten über ihre Familie bis hin zu den Partys die sie hier schon gefeiert hatte. »Du solltest unbedingt kommen. Das wird die größte Party seit langem. Alle Neulinge sind eingeladen.« »Ich bin nicht so der Party Mensch« »Ach komm schon, das wird witzig. Ich bin auch da. Ich schick die später die Adresse ok?«, sagte sie und schaute mich erwartungsvoll an. »Ok geht klar.«, sagte ich zögerlich. Ich habe es noch nie geschafft nein zu sagen, das war schon immer mein Problem. Sie stand auf und ging. Na wirklich hilfreich war das nun nicht. Und meine Telefonnummer hatte sie auch nicht.

Ich widmete meine Aufmerksamkeit wieder meinen Notizen. Jahrelange Vorbereitung auf genau diesen einen Tag und ich war in Gedanken immer noch bei Gemma. Wie sie ohne mich zu kennen so offen mit mir gesprochen hat. Als würden wir uns schon jahrelang kennen. Ich würde sie wohl aber nicht so schnell wiedersehen, da ich weder ihre Telefonnummer hatte noch die Adresse der Party heute Abend. Ich hörte wieder jemanden meinen Namen rufen und drehte mich erwartungsvoll um. Es war aber nicht Gemma, sondern die Person, welche mein Interview führen wird. »Ja, das bin ich. Hallo, schön sie kennenzulernen.«, »Danke gleichfalls. Wenn sie mir bitte in mein Büro folgen würden. Die Bibliothek ist wohl nicht der beste Platz für unser Interview.« Alles hing von diesem Interview ab. Ich brauchte das Stipendium. Und da war es wieder, dieses unwohle Gefühl, dass ich hier nicht hingehörte. Wieder war es so still in der Bibliothek. Man hörte nur das seltsame Geräusch meiner Schuhe, als ich über den Holzfußboden ging und alles war immer noch so surreal.

short story

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Jun 9, 2024

Jun 9, 2024