Sie spürte einen Luftzug. Damit einher ging dieser bekannte Geruch. »Ich habe Ihnen doch schon gesagt, dass ich den Vertrag erst dann unterschreiben kann, wenn ich die Pläne vorliegen habe.« Sie hörte in der Ferne jemanden telefonieren, konnte die Stimmen aber nicht zuordnen. Kam es aus dem Flur? Sie richtete ihre Schlafmaske und drehte sich wieder um. Es war noch früh am morgen, das verrieten ihr die Handvoll Sonnenstrahlen, die durch ihr Rollo fielen. Sie atmete tief ein und vergrub ihr Gesicht in einem Kissen.
Den Abend zuvor war ihr Mann erst spät nachhause gekommen. Er brabbelte wieder irgendwas von einem Business Deal, denn er abschließen musste. Wiederholt verpasste er deshalb ihr Dinner Date wie eigentlich jeden Freitag. Es wurde fast schon zum Ritual, dass er zu spät nachhause kommt und sie mit Chinese Takeout auf der Couch auf ihn wartet. Beide hatten sich damals eine Ehe anders vorgestellt. Er versprach ihr immer für sie da zu sein und sie nahm im beim Wort. Wer hätte gedacht, dass sie mal so enden würden.
Die Erinnerung an die erneut abgesagte Reservierung gestern Abend trieben ihr Tränen in die Augen. Man hörte in dem kleinen spärlich belichteten Zimmer nur noch ein fernes Telefonat und ein leichtes Schniefen. Sie war eigentlich nicht eine Person die nah am Wasser gebaut war doch dieser Geruch löste etwas in ihr aus. Es war eine Note von leichtem Zigarettenrauch gemischt mit einer süßlichen Unternote. Sie hatte nie einordnen können was es war, doch sie wusste, zu wem dieser Geruch gehörte. Als sie die Maske absetzt bemerkt sie, dass sie alleine im Bett auf der anderen Seite liegt. Eingerollt in die Decke ihres Mannes.
Damals als sie sich kennengelernt hatten, trafen sie sich in einer Bar. Es roch nach Bier, Zigaretten und Schweiß. Viele Leute tummelten sich auf der Tanzfläche. Sie aber saß an der Bar und nippte schon seit einiger Zeit an ihrem Gin Tonic. »Ist hier noch ein Platz frei?« Sie drehte sich zur Seite und sah einen Mann. Er konnte nicht älter als Mitte zwanzig sein, hatte dunkle braune Augen und trug seine Haare in einer ungekämmten Kurzhaarfrisur. Doch das Erste, was ihr an ihm auffiel, war sein Duft. War es ein Parfüm? Was war es? Sie konnte es nicht ganz verorten. Er schaute sie immer noch an bis sie realisierte, dass sie gar nicht geantwortet hatte. »Klar, setzen sie sich.«, brachte sie verlegen hervor.
Genau dieser Geruch war es, denn sie vernommen hatte. Die ehemalige Vertrautheit und Geborgenheit gemischt mit dem bitteren Geruch von Tabak. Sie würde ihn immer erkennen diesen Geruch. Wenn man sie gefragt hätte, was ihr Lieblingsduft war, hätte sie früher geantwortet, eine leichte süßliche Note mit dem bitteren Tabakgeruch. Nun aber war es ein Duft, der bei ihr nur eines auslöste. Einsamkeit.